Leserbrief zum Artikel Psychologie der Gesellschaft: Notwendiger Eigen-Sinn
vom 12.08.2017:
Unbrauchbarer Begriff von Identität
Eisenbergs Identitätsbegriff ist für die Abgrenzung von rechten Populisten unbrauchbar. Wie man an den im europäischen Verbund agierenden »Identitären« sehen kann, werden mögliche nationale Differenzen den kulturellen Gemeinsamkeiten auf europäischer Ebene untergeordnet. Dabei spielt das von Eisenberg befürchtete Phantasma der »ethnischen Reinheit« innerhalb Europas keine Rolle mehr. Konstituierende Merkmale der Identität sind eher die abendländische Religion, Industriegeschichte, Arbeiter- und Frauenrechte, Kulturgüter sowie mühsam erkämpfte Sozialstandards. Statt diese berechtigten Kriterien für die Verortung jeglicher individuellen Existenz aufzugreifen, macht sich die Linke einen weltfremden »hypermoralisierenden Universalismus« zu eigen und fährt damit zugunsten des globalisierten Kapitals das ganze sozialistische Projekt vor die Wand.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 17.08.2017.