Für ihre Werbetexte im Berliner Wahlkampf hatte die
Linkspartei.PDS unlängst auf Zitate des führenden
pazifistischen Publizisten der Weimarer Republik, Kurt Tucholsky
(1890–1935), zurückgegriffen – obwohl dieser
Berlin nur eingeschränkt und regierende Sozialisten gar nicht
so richtig mochte.
Für jW hat sich der »kleine Dicke« überreden
lassen, der Linken noch einmal Hilfestellung zu geben und in Fragen
linker Friedenspolitik einige Gedanken beizusteuern:
»Der moderne Krieg hat wirtschaftliche Ursachen. Die
Möglichkeit, ihn vorzubereiten und auf ein Signal
Ackergräben mit Schlachtopfern zu füllen, ist nur
gegeben, wenn diese Tätigkeit des Mordens vorher durch
beharrliche Bearbeitung der Massen als etwas Sittliches dargestellt
wird. Der Krieg ist aber unter allen Umständen tief
unsittlich.«
(Wofür?, 1925)
Zu einer Aufsatz-Sammlung von Lenin und Sinowjew aus den Jahren
1914-1916. (»Die fünfhundert bedeutendsten Seiten, die
im Kriege geschrieben worden sind.«)
Ȇberzeugend ihre Stellung zu den Pazifisten:
Zunächst: sie sind gar keine. ›Wir sind gar nicht gegen
alle Kriege. Wir sind gegen ihre Kriege‹ – und
›ihre‹ ist kursiv gedruckt und enthält eine
Welt. Endgültig festgestellt ist das Wesen der Kriege –
denn immer wieder legen beide den größten Wert darauf,
daß es das nicht gebe: den Krieg. Sie schälen den wahren
Grund, die wahren Ursachen des jedesmaligen Krieges heraus: den
Nationalkrieg; den imperialistischen Krieg (...); den Krieg, den
die Kolonie zu ihrer Befreiung von der Kolonialmacht führt...
und so fort. Und sie entscheiden danach, ob die ausgebeutete Klasse
von ihrer Teilnahme einen Vorteil hat oder nicht. Nur dies
gilt.«
(Gegen den Strom, 1926)
»Die Reichswehr ist überflüssig, verdient
abgeschafft zu werden und ist in ihrer heutigen Zusammensetzung
gefährlich. Wer das nicht einsieht, mag alle
schätzenswerten Eigenschaften eines Parteivorstandes haben
– mit Politik sollte er sich nicht befassen.«
(Fußball mit Menschenköpfen, 1926)
»Jeder Pazifismus, der den Krieg für Petroleum, für
Industrien, für Schutzzölle nicht rundweg ablehnt, ist
weder gesund noch ungesund, sondern überhaupt
keiner.«
(Das Andere Deutschland, 1928)
Zitiert nach: Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 2, Zweitausendeins,
Frankfurt 2005
www.zweitausendeins.de