25.04.2024 / Ausland / Seite 2

Widerstand gegen Kahlschlag

Argentinien: Riesige Proteste zur Verteidigung des Bildungssystems

Volker Hermsdorf

In Argentinien haben am Dienstag (Ortszeit) mehr als eine Million Menschen gegen die Politik des ultrarechten Präsidenten Javier Milei demonstriert. Allein in Buenos Aires protestierten laut der Tageszeitung Página 12 über 800.000 Teilnehmer gegen Kürzungen im Bildungsbereich. In zahlreichen anderen Städten schlossen sich Zigtausende dem Protest an, zu dem die Universität von Buenos Aires und 70 weitere Hochschulen aufgerufen hatten. Neben gesellschaftlichen Organisationen und sozialen Verbänden forderten auch Argentiniens mehrere Millionen Mitglieder zählende Gewerkschaften CGT, CTA und CTA Autónoma zur Verteidigung des freien Bildungssystems auf.

Argentiniens Bildungswesen gilt neben dem kubanischen als eines der besten in Lateinamerika. An öffentlichen Universitäten ist das Studium kostenlos. Viele junge Menschen aus anderen Teilen der Welt kommen zum Studium ins Land. Doch im Rahmen des von Milei vorangetriebenen Sozialabbaus kürzte die Regierung das Budget der staatlichen Universitäten um 71 Prozent. Vielen droht nun die Schließung. »Wir rufen die argentinische Gesellschaft auf, sie zu verteidigen. Bildung ist ein Menschenrecht und eine Chance, die Ungleichheit in der Gesellschaft zu reduzieren«, so die Präsidentin des Universitätsverbandes FUA, Piera Fernández de Piccoli, während des Marsches in Buenos Aires. An der dortigen Demonstration nahmen unter anderem der peronistische Gouverneur der Provinz Buenos Airos, Axel Kicillof, der ehemalige Wirtschaftsminister und Gegenkandidat Mileis bei den Präsidentschaftswahlen, Sergio Massa, Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel und Taty Almeida von den »Madres de Plaza de Mayo«, den »Müttern des Platzes der Mairevolution«, teil. Expräsidentin Cristina Fernández, aber auch Buenos Aires’ ehemaliger Bürgermeister Horacio Rodríguez Larreta, ein Mitbegründer der Rechtspartei »Propuesta Republicana«, der auch Innenministerin Patricia Bullrich angehört, unterstützten ebenfalls die Aktionen.

Wie Telesur berichtete, kritisierte Bullrich den Aufruf, »weil das ganze Land sich in einer Zeit befindet, in der es sich anpassen muss«. Sie kündigte an, dass die Streitkräfte die Proteste in Abstimmung mit der Polizei überwachen würden, musste die zunächst drohend aufmarschierenden Einsatzkräfte am Nachmittag angesichts der großen Teilnehmerzahl aber wieder abziehen lassen.

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