16.04.2024 / Natur & Wissenschaft / Seite 15

Pompeji zu Tisch

Archäologen legen in der römischen Ruinenstadt einen Bankettsaal mit Fresken aus Homers »Ilias« frei

Ein Porcus Troianus zum Abendessen bei Don ­Affresco? Dazu kampanischer Wein im Kerzenschein? So könnte Pompejis Aristokratie gespeist haben. Archäologen haben in der antiken Stadt kürzlich einen imposanten Bankettsaal mit angrenzendem Atrium freigelegt. Wände und Boden des rund 15 Meter langen und sechs Meter breiten Raums sind weitgehend intakt geblieben. Sie geben nun einen Einblick in ein Restaurant zur Zeit der römischen Antike. »Die Wände waren schwarz grundiert, damit der sich ablagernde Rauch und Ruß der Lampen nicht zu sehen war«, sagt Gabriel Zuchtriegel, Direktor des Archäologischen Parks Pompeji. Auf den dunklen Wänden prangten zahlreiche farbige Fresken. Die Wandmalereien zeigen Figuren aus Homers Epos »Ilias«, das vom Trojanischen Krieg berichtet. Zu sehen sind die Sagengestalten Paris und Helena, Apollo und Kassandra.

Unter den Bögen einer Treppe, die ins obere Stockwerk führte, entdeckten die Archäologen zudem antike Graffiti: In groben Kohlestrichen hat jemand zwei Gladiatorenpaare und einen enormen, stilisierten Phallus auf den rauen Putz gezeichnet. In den Ruinen von Pompeji findet sich mithin nicht nur die konservierte Pracht der Patrizier, sondern zeigen sich auch Hinweise auf das Leben der Plebs.

Der Ausbruch des Vesuv im Jahr 79 begrub die römische Stadt unter Asche und Glutlawinen und konservierte sie bis heute. In ihren Ruinen haben Archäologen sowohl prachtvolle Villen und Prunkkutschen entdeckt als auch einen Straßenimbiss, Alltagsobjekte einfacher Bürger oder die Gebeine von Sklaven. Sogar die DNA eines Vulkanopfers ließ sich entschlüsseln. Noch immer liegen rund 22 Hektar Pompejis unter Asche und anderen vulkanischen Auswürfen begraben. Damit ist etwa ein Drittel der Stadt noch nicht freigelegt und erforscht. (jW)

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