16.04.2024 / Kapital & Arbeit / Seite 2

Strafzölle: Kanzler wiegelt ab

Unmut in China bei Scholz-Besuch. »Fairer Wettbewerb« beschworen

Jörg Kronauer

Nach Gesprächen in der südwestchinesischen Metropole Chongqing ist Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag, dem zweiten Tag seiner China-Reise, in Shanghai eingetroffen. Hatte Scholz in Chongqing unter anderem eine Produktionsstätte von Bosch besucht, so besichtigte er in Shanghai ein Innovationszentrum des Kunststoffherstellers Covestro. Zudem hielt er an der renommierten Tongji-Universität eine Rede vor 250 chinesischen Studenten. Für Montag abend (Ortszeit) war noch ein Treffen mit dem Parteisekretär von Shanghai, Chen Jining, geplant. Den Parteistrukturen in Shanghai wird einiger Einfluss zugeschrieben; in der Vergangenheit stiegen bereits mehrere Parteisekretäre aus der ostchinesischen Metropole in Spitzenämter in Beijing auf, darunter Chinas aktueller Ministerpräsident Li Qiang.

In seiner Rede an der Tongji-Universität sprach Scholz Themen an, denen er auch in den politischen Gesprächen auf seiner Reise hohen Wert beimisst. Zum einen ging es dabei um ökonomische Fragen. In der Volksrepublik herrscht erheblicher Unmut darüber, dass die EU-Kommission satte Strafzölle auf die Einfuhr chinesischer Elektroautos plant und auch Abwehrmaßnahmen gegen den Import chinesischer Solarzellen und Windräder im Gespräch sind. Scholz suchte abzuwiegeln, ging auf Distanz zu den Maßnahmen und beschwor den »fairen Wettbewerb«. Außerdem warb er für einen intensiveren Wissenschaftsaustausch. Der wird freilich zur Zeit vor allem dadurch torpediert, dass Studenten und Wissenschaftler aus der Volksrepublik in Deutschland zunehmend einem Spionagegeneralverdacht und entsprechenden Restriktionen ausgesetzt sind.

Darüber hinaus übte Scholz in Shanghai Kritik am Export chinesischer Dual-Use-Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, nach Russland. In Beijing, wo der Kanzler am Dienstag mit Ministerpräsident Li und Präsident Xi Jinping zusammentreffen wird, will er einen Lieferstopp fordern und die Volksrepublik drängen, in Moskau Druck zugunsten einer Beendigung des Ukraine-Krieges auszuüben. Scholz prangerte nicht zuletzt an, dass China in den Territorialkonflikten im Südchinesischen Meer seine Position vor allem gegenüber den Philippinen aktuell energisch durchzusetzen sucht. Berlin unterstützt in den dortigen Konflikten jeweils die Seite, die sich Beijing entgegenstellt.

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