15.04.2024 / Ausland / Seite 7

Illegal geräumt

Verhaftung von Exvizepräsident in der mexikanischen Botschaft in Quito laut Ecuadors Gerichtshof »willkürlich«

Volker Hermsdorf

Eine Kammer des Nationalen Gerichtshofs in Ecuador hat am Freitag (Ortszeit) die Festnahme des ehemaligen Vizepräsidenten Jorge Glas als »willkürlich« eingestuft und für »illegal« erklärt. Trotz dieser Entscheidung soll der beliebte Politiker von der linken Partei Revolución Ciudadana (RC) aber weiterhin im Hochsicherheitsgefängnis La Roca der Stadt Guayaquil inhaftiert bleiben. Eine von seinen Anwälten eingereichte Habeas-Corpus-Beschwerde zur Haftprüfung wurde abgelehnt.

Glas war am 5. April bei einem Überfall von ecuadorianischer Spezialeinheiten auf die mexikanische Botschaft in Quito, die ihm politisches Asyl gewährt hatte, verschleppt worden. In der Verhandlung verlesene Berichte der Streitkräfte und der Nationalpolizei bestätigten, dass der Befehl zum Angriff auf die diplomatische Mission von Ecuadors Präsident Daniel Noboa erteilt worden war. Nach dem Urteil des Gerichts wurden dadurch sowohl die Rechte von Glas als auch nationale Vorschriften für die Durchsuchung diplomatischer Vertretungen verletzt. In diesem Sinne wäre es angebracht, die sofortige Freilassung anzuordnen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass gegen ihn zwei weitere Haftbefehle vorlägen, könne Glas weiter im Gefängnis festgehalten werden. Zu seinem, von der Regierung Noboa nicht akzeptierten, Asylstatus hatte sich das Gericht nicht geäußert. Glas, der bei einer Anhörung von Foltermethoden bei der Verhaftung berichtet hatte, ist nach Angaben seiner Anwälte in den Hungerstreik getreten.

Der ehemalige Vizepräsident, der als Enkel jüdischer Flüchtlinge vor der Naziherrschaft auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, war 2017 in einem offenkundig politisch motivierten und international umstrittenen Verfahren zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und vor zwei Jahren vorzeitig entlassen worden. Seine damalige Inhaftierung hatte 2018 auch den Bundestag beschäftigt. Vor einer erneut drohenden Verfolgung war Glas im Dezember 2023 in die mexikanische Botschaft geflüchtet. Die dort laut dem Gericht in Quito illegal und willkürlich erfolgte Festnahme beschäftigt mittlerweile auch deutsche Politiker. »Die Bundesregierung muss unverzüglich reagieren und sich für seine Freilassung einsetzen«, forderte der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (BSW) auf einer Kundgebung am Wochenende.

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