05.04.2024 / Inland / Seite 4

Aufregung um »Agent Bystron«

Justiz startet Vorermittlungen gegen AfD-Abgeordneten wegen »Desinformation« im Auftrag Russlands

Marc Bebenroth

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron ist auf dem Weg, zum Fallbeispiel für die beschworene Bedrohung durch russische »Desinformation« zu werden. Diese »ziele darauf ab, Demokratien in Europa von innen auszuhöhlen und zu untergraben«, erläuterte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) am Donnerstag in Brüssel. Anlass sind Berichte um mutmaßliche Geldzahlungen an rechte Politiker. Diese nahm die Generalstaatsanwaltschaft München offiziell zum Anlass, ein »Vorermittlungsverfahren« einzuleiten.

Daraus lasse sich aber nicht auf einen Anfangsverdacht schließen, wie die Behörde am Donnerstag betonte. Bystron, der für die Rechtsaußenfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags sitzt, soll im Auftrag eines angeblich aus Russland gesteuerten Netzwerks Propaganda verbreitet haben und dafür bezahlt worden sein. Bystron bestreitet auch gegenüber seiner eigenen Parteiführung die Vorwürfe. Er habe »zu keinem Zeitpunkt« von einem Mitarbeiter des im Verdacht stehenden Portals »Voice of Europe« oder »irgendeinem Russen« Geld »oder Kryptowährungen bekommen«, zitierte die Welt am Donnerstag aus einer Stellungnahme Bystrons.

Bei »Voice of Europe« handelt es sich um ein Nachrichtenportal, das überwiegend Berichte westlicher Medien wiedergibt. Die politische Ausrichtung wird deutlich anhand von Interviews mit rechten Politikern, zum Beispiel des französischen Rassemblement National, sowie anhand einer am 1. April auf X veröffentlichten Stellungnahme. Darin wird wiederholt über eine angebliche Verschwörung sogenannter Globalisten geklagt. Diese Chiffre dient Faschisten und der neuen Rechten als Erkennungszeichen.

Neben der Justiz befasst sich auch die AfD-Spitze mit dem Fall Bystron. »In den kommenden Tagen« werden sich der Bundes- und der Fraktionsvorstand »darüber austauschen«, teilte ein Sprecher gegenüber AFP mit. Am Montag soll offenbar auf höchster Ebene mit dem zweiten Spitzenkandidaten der rechten Partei für die EU-Wahl gesprochen werden. Bis die Sache geklärt sei, solle Bystron auf Wahlkampfauftritte verzichten, sagte AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah gegenüber Welt.

Die Vorwürfe gegen Bystron – und andere rechte Politiker wie den niederländischen Abgeordneten Thierry Baudet – stützen sich auf Geheimdienstbehauptungen. Doch zumindest der tschechische Inlandsgeheimdienst BIS hat nicht vor, Audioaufnahmen im Fall um jenes russische Netzwerk hinter »Voice of Europe« zu veröffentlichen, die mutmaßlich Geldzahlungen an den AfD-Politiker durch russische Stellen belegen. Aber: Dienste der BRD hätten »vergleichsweise umfangreiche Informationen«, teilte ein Sprecher am Donnerstag in Prag gegenüber dpa mit.

Zuvor hatte der Spiegel am 28. März berichtet, dass »insgesamt mehrere hunderttausend Euro an Politiker in sechs EU-Staaten geflossen sein« sollen. Laut gemeinsamen Recherchen mit der tschechischen Tageszeitung Deník N sei in Prag Geld bar übergeben oder per Kryptowährung transferiert worden. An der Aufdeckung jenes Netzwerks seien ein halbes Dutzend europäischer Geheimdienste beteiligt, darunter das Bundesamt für Verfassungsschutz.

https://www.jungewelt.de/artikel/472701.warnungen-vor-russlands-einfluss-aufregung-um-agent-bystron.html