22.02.2024 / Betrieb & Gewerkschaft / Seite 15

Konten leer, Teller voll

Dresden: Gewerkschafter verlangen Eingliederung der Essensversorgung ins Städtische Klinikum

Elias Kaiser

Es seien »einzig und allein Kostengründe« gewesen, die in den 1990er Jahren die Stadt Dresden dazu bewogen hätten, die Essensversorgung aus den damals noch zwei städtischen Kliniken auszugründen. Das machte Jens Matthis am 14. Februar auf einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten der Dresdner Linkspartei klar. Der Stadtvorsitzende stellte im Rathaus einen Antrag seiner Partei vor, der das Insourcing der Speiseversorgung ins Städtische Klinikum thematisiert. Mit dabei waren Romy Grahnert, Sekretärin der Gewerkschaft Nahrung, Gaststätten, Genuss (NGG) und Dorit Hollasky, Sprecherin der Betriebsgruppe der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) im Krankenhaus. Dabei machten alle drei klar: Aus Sicht der Beschäftigten und der Patientinnen und Patienten würden die Vorteile einer Rücküberführung der Essensversorgung deutlich überwiegen. Alle fünf Jahre, so Grahnert, werde diese neu ausgeschrieben. Mitunter müssten die Beschäftigten gemeinsam mit der NGG nach jedem Betriebsübergang im Kampf um die Arbeitsbedingungen »bei null anfangen«. Mit dem letzten Wechsel vom Anbieter Pedus zu Primus hätten die Kolleginnen und Kollegen die Tarifbindung verloren, erläuterte die Gewerkschafterin.

Die Primus Service GmbH mit Sitz in Köln ist eine Tochter des Malteser Hilfsdienstes, also einer caritativen Einrichtung, die »mit ihren Beschäftigten gar nicht so caritativ umgeht«, wie Grahnert festhielt. Es handle sich vielmehr um ein »spannendes Unternehmenskonstrukt, wo Geld von einer Tasche in die andere fließt«, stellte die Verdi-Sekretärin weiter dar. Nun habe es drei Jahre und einen Streik gedauert, um die Geschäftsführung von Primus zu Tarifverhandlungen zu bewegen. Aktuell setze diese auf Verzögerung, derweil die Beschäftigten bei Primus nur den Mindestlohn erhielten. Sollte nach Ende der laufenden Fünfjahresfrist ein neuerlicher Betriebsübergang erfolgen, würden »jeder Topf, jeder Teller und daher auch die Beschäftigten« zum nächsten Anbieter wechseln. Trotz sich ablösender Eigentümer richteten die Kolleginnen und Kollegen vielfach schon seit 20 Jahren täglich gut 1.600 Portionen an, beschrieb Grahnert die Situation.

Matthis betonte, dass der vollzogene Wechsel von einem tarifgebundenen zu einem tariflosen Essensanbieter die Vergabepraxis als solche in Frage stelle. Dorit Hollasky erklärte, dass Insourcing die Zusammenarbeit zwischen Pflege und Essensversorgung zum Wohle der Patientinnen und Patienten erleichtern würde. Auch würden die Beschäftigten der Speiseversorgung dann »endlich nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt« und somit deutlich besser entlohnt. Sie appellierte: Im Krankenhaus dürfe es weder bei der Pflege noch bei der Essensversorgung um Profit gehen, den private Anbieter anstreben, sondern »immer nur um die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten und gute Arbeitsbedingungen«. Zuletzt sei am Standort Weißer Hirsch die Cafeteria von Primus für Wochen geschlossen gewesen, erinnerte Hollasky. Offiziell wegen Personalmangel.

Die Beschäftigte kritisierte aber auch den Antrag der Linksfraktion. Es müsse explizit um ein Insourcing der Essensversorgung ins Krankenhaus gehen, auch damit die Kolleginnen und Kollegen von Pflege und Essensversorgung in Zukunft gemeinsam um Verbesserungen kämpfen könnten. Der Antrag der Linken sieht das Insourcing ins Klinikum als eine von mehreren zu prüfenden Möglichkeiten vor. Romy Grahnert betonte auf Presseanfrage, dass gerade die nach einem Insourcing wegfallenden Gewinnmargen helfen könnten, die höheren Personalkosten durch Anwendung des TVöD nach erfolgter Wiedereingliederung zu finanzieren. Auch Matthis bezweifelt, dass eine Rücküberführung ins Städtische Klinikum die sächsische Landeshauptstadt mehr Geld kosten würde. Für die Kolleginnen und Kollegen von Primus in Dresden steht nun erst einmal die Auseinandersetzung mit der Chefetage um einen Tarifvertrag an. Nach Aussagen Grahnerts sind mehr als 50 Prozent von ihnen gewerkschaftlich organisiert und die Kampfbereitschaft enorm.

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