»Wir alle befinden uns in diesen Momenten inmitten eines
Meers aus Emotionen. Ich weiß nicht, ob wir dies Angst nennen
können, oder ob es einfach die Unruhe ist, die uns
befällt, wenn wir daran denken, daß wir in Kürze an
der Seite der Franzosen und Französinnen losfahren und die
Blockade durchbrechen werden. Die Erinnerung an die Ereignisse auf
der ›Mavi Marmara‹ bestimmt die gesamte
Atmosphäre.«
Marina Albiol, Mitglied der Kommunistischen Partei und der
Vereinigten Linken in Valencia, Abgeordnete des Regionalparlaments
und Teilnehmerin an der zweiten Gaza-Freiheitslottille
Halten wir fest: In der neuen größeren Bundesrepublik
gehören Neonazis nicht zur politischen Randfolklore, sie
werden – offiziell und inoffiziell – staatlich
gesponsert und behütet. Über 140 Menschen wurde in den
letzten 20 Jahren von Neofaschisten in diesem Land ermordet, die
amtliche Statistik kümmert sich nicht darum, noch weniger
Polizei und Justiz. Der sogenannte Verfassungsschutz, ein
Kampfinstrument gegen die politische Linke, bedient sich laut
höchstrichterlicher Aussage einer neonazistischen Partei.
»Fehlende Staatsferne« war der Grund für die
Weigerung des Bundesverfassungsgerichts 2003, die NPD zu verbieten.
Und wie nach innen, so nach außen. Die jüngsten
Auslassungen des amtierenden Bundesverteidigungsministers zu
Gründen für zukünftige Kriege lassen sich so zu
zusammenfassen: Weil »wir« so demokratisch und so
wohlhabend sind, haben wir das Recht, überallhin Truppen zu
schicken. Die Linke ist die einzige Bundestagspartei, die in dieser
Frage nicht mitmacht.
Zufall, daß sie seit zwei Monaten Gegenstand einer Debatte um
»Antisemitismus« ist, die alle Mainstreammedien
ungleich mehr beschäftigt als z.B. das Zusammenspiel von
Neonazis und Polizei? Zufall, daß unisono die
Free-Gaza-Bewegung und ihr Hilfskonvoi zu Schiff Gegenstand von
Kolportagen und Hetzartikeln sind – einschließlich in
sich links gebenden Zeitungen? In Frankreich und in Spanien, in
Schweden und in Kanada, in Belgien und in Griechenland
unterstützen die linken Parteien und zahlreiche
Hilfsorganisationen die Gaza-Flottille. In der Bundesrepublik
erklärt die Bundestagsfraktion der Linken die Teilnahme an ihr
de facto zu Ausdruck von Antisemitismus.
Um was geht es? Um eine rechtsextreme Regierung in Israel, die
keinerlei Anstalten macht, auch nur eine völkerrechtlich
gültige Resolution des UN-Sicherheitsrates zum Nahostkonflikt
ernstzunehmen – im Gegenteil. Um Aktivistinnen und
Aktivisten, die mit bescheidenen Mitteln auf das Unrecht, das an
der Bevölkerung in Gaza nunmehr seit Jahrzehnten verübt
wird, aufmerksam machen wollen. Aber weil nicht sein kann, was
nicht sein darf, wird Solidarität zu Terror erklärt,
Friedenswille zur Kriegsvorbereitung, Hilfe zu Antisemitismus. Wo
Lüge Prinzip ist, wachsen aber auch Empörung, Protest und
Widerstand.
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