21.08.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Einmal Rumänien und zurück
Hunderte Roma sollen bis Ende August von Frankreich nach
Rumänien abgeschoben werden. Was sie dort erwartet, ist
ungeklärt. Über ihre Wiedereingliederung wollen zwei
rumänische Staatssekretäre erst nächste Woche in
Paris mit der französischen Regierung sprechen. Die bisherige
Praxis in Rumänien läßt nichts Gutes für die
Roma erwarten: Seit Jahren kritisiert etwa die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International das
menschenverachtende Vorgehen rumänischer Behörden.
Ȇberall im Land werden Familien gegen ihren Willen aus
ihren Häusern vertrieben«, prangerte Halya Gowan,
Direktorin des Europa- und Zentralasien-Programms von ai, an. So
wurden in Zentralrumänien laut ai etwa hundert Roma schon vor
Jahren aus einem baufälligen Gebäude vertrieben. Die
Behörden siedelten sie neben einer Kläranlage an, vor der
ein Schild »Vergiftungsgefahr« warnt.
Kein Wunder also, daß sich viele Roma kurze Zeit nach ihrer
Abschiebung gleich wieder auf den Weg zurück nach Frankreich
machen. Bei 300 Euro Rückkehrhilfe, die der französische
Staat jedem Erwachsenen bezahlt, »sind viele Roma ein oder
zwei Wochen in Rumänien geblieben, haben 200 Euro ihrer
Familie gegeben und sind mit 50 oder 100 Euro per Bus zurück
nach Frankreich«, berichtet Mihai Neacsu von der
Roma-Organisation Amare Rromentza in Bukarest.
Allein im vergangenen Jahr wurden etwa achttausend Roma aus
Frankreich zurück nach Rumänien geschickt.
Schätzungen zufolge kehren zwei Drittel von ihnen wieder nach
Frankreich zurück. »Wir können nicht ihr Recht auf
Freizügigkeit begrenzen«, ruft Valentin Mocanu, der
rumänische Staatssekretär zur Integration von
Minderheiten, in Erinnerung. Auch in Bulgarien herrscht
Unverständnis über die »umfangreichste Deportation
Europas seit dem Zweiten Weltkrieg«, wie es die Zeitung Sega
nannte. (AFP/jW)
https://www.jungewelt.de/artikel/149634.einmal-rumänien-und-zurück.html