04.05.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Korruption: Pentagon-Deal mit Bakijew-Klan
Die kirgisische Übergangsregierung hat für Hinweise zum
Aufenthalt der früheren Führungsriege des Landes eine
Belohnung ausgesetzt. Sie sei bereit, für »konkrete
Hilfe, diese Kriminellen zu orten und festzunehmen«, zwischen
20000 und 100000 Dollar zu zahlen. Das teilte ein Ausschuß
der Übergangsregierung am Montag in der Hauptstadt Bischkek
mit. Auf der Liste der gesuchten Mitglieder der früheren
Regierung stehen der im vergangenen Monat gestürzte
Präsident Kurmanbek Bakijew und zahlreiche seiner engsten
Familienmitglieder, darunter seine Brüder Schanysch Bakijew,
ehemaliger Befehlshaber der gefürchteten
Präsidentengarde, Kanybek Bakijew, Chef der Verwaltung, und
Akhmat Bakijew (Unternehmer) sowie sein Sohn Maxim. Als Chef der
staatlichen Agentur für Investitionen und wirtschaftliche
Entwicklung hatte der sich hauptsächlich darum gekümmert,
daß sich die Kontenstände des Klans auf Schweizer Banken
rasant noch oben entwickelten.
Die Interimsregierung macht Expräsident Bakijew unter anderem
für den Tod von 85 Demonstranten verantwortlich, die
während des Umsturzes Anfang April erschossen worden waren.
Sein Bruder Schanysch soll den Schießbefehl auf die Menge
erteilt haben. Gegen Bakijews Sohn laufen Ermittlungen wegen
Korruptionsverdachts bei Treibstoffverkäufen an den
US-Stützpunkt in dem zentralasiatischen Land. Bakijew
hält sich zur Zeit in Belarus auf.
Lange schon war es ein offenes Geheimnis, daß die wichtigste
finanzielle Quelle zur Bereicherung des Bakijew-Klans und seiner
Paladine in Armee, Justiz und Verwaltung das
US-Verteidigungsministerium war. Nur bewiesen werden konnte es
bisher nicht. Ungewollt hat nun der Kongreß in Washington
Hilfestellung bei der Aufklärung geleistet. Der Ausschuß
für Kontrolle und Regierungsreform ist nämlich bei der
Prüfung des Pentagon auf zwei Lieferverträge von
Treibstoff für die US-Luftwaffenbasis Manas von zwei
»mysteriösen« kirgisischen Firmen gestoßen:
»Red Star Enterprises« und »Mina
Corporation«. Die Verträge waren unter Umgehung der
sonst üblichen Ausschreibung an die beiden Firmen vergeben
worden, zuletzt im Wert von insgesamt 1,4Milliarden Dollar pro
Jahr. Inzwischen haben Untersuchungen den Verdacht erhärtet,
daß die Bakijews hinter den Unternehmen stecken. Der Klan
soll acht Millionen Dollar im Monat mit Hilfe der
Treibstofflieferungen abgeschöpft haben. Laut dem neuen Chef
des kirgisischen Generalstabs haben die »Red Star« und
»Mina« »dem Pentagon dazu gedient, auf indirekte
Weise die regierenden Familien Kirgistans zu bestechen«.
Besonders pikant ist, daß Washington sonst immer sehr schnell
dabei ist, andere Länder wegen Korruption zu
verurteilen.
(rwr)
https://www.jungewelt.de/artikel/143861.korruption-pentagon-deal-mit-bakijew-klan.html