14.04.2010 / Schwerpunkt / Seite 3
Hintergrund: Maoisten im Visier
Wilhelm Langthaler
Der indische Premierminister Manmohan Singh bezeichnet die
Naxaliten (Maoisten) neben den Islamisten als
»größte interne Bedrohung« für den
Staat. Seither wurde die Verfolgung der Maoisten zur Obsession, die
Anleihen bei der westlichen Mobilisierung »gegen den
Terror« nimmt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden
ähnlich wie im Westen massiv verschärft, so daß
politische Meinungsäußerungen zugunsten der Maoisten zum
Delikt werden. Im Visier des Staates befinden sich mittlerweile
alle, die sich öffentlich gegen eine militärische
Lösung des Konflikts aussprechen.
Die »Revolutionary Democratic Front« (RDF) ist eine der
zahlreichen Gruppen, die als »Frontorganisation der
Maoisten« ins Schußfeld gekommen ist. Sie zeichnet sich
dadurch aus, daß sie zu allen Konflikten in Indien und
vielfach auch international Stellung bezieht. So verteidigt sie die
Rechte der muslimischen Bevölkerung, tritt für das
nationale Selbstbestimmungsrecht Kaschmirs und der
Nationalitäten des Nordostens ein und verurteilt die
anhaltende Armeeoffensive »Grüne Jagd«. Als sie
2007 eine Demonstration gegen die von Indien unterstützte
westliche Besetzung Afghanistans organisierte, wurde ihr
Generalsekretär G.N. Saibaba verhaftet. Aufgrund der Proteste
auch namhafter Persönlichkeiten mußte er wieder
freigelassen werden.
Anfang März schlugen die Maoisten Friedensverhandlungen vor.
Sie baten die Schriftstellerin Arundhati Roy um Vermittlung. Diese
lehnte zwar diese Rolle ab, unterstützt aber den politischen
Vorschlag. Indes beharrte die Regierung auf das Niederlegen der
Waffen als Vorbedingung. Nach einem Angriff auf eine Einheit der
paramilitärischen indischen Bundespolizei, bei dem am 6. April
76 Beamte getötet wurden, kündigte die Regierung
»Vergeltung« an. »In den kommenden Tagen und
Monaten werden wir alle zur Strecke bringen«, sagte ein
Vertreter des Innenministeriums.
https://www.jungewelt.de/artikel/142858.hintergrund-maoisten-im-visier.html