Am 17. April 1979 erschien die erste reguläre Ausgabe der
tageszeitung, abgekürzt taz. In den bundesdeutschen Medien
fand das Jubiläum breite Beachtung. Denn wer im hiesigen
Mainstreamjournalismus arbeitet, pflegt ein inniges Verhältnis
zu der Zeitung. Sie war seit Beginn eine Art Durchlauferhitzer
für publizierende Karrieristen, konkret-Herausgeber Hermann L.
Gremliza bezeichnete sie als »Kinder-FAZ«. Die Zeitung
fungiert im wesentlichen als Vereinsblatt der Grünen und
folgte deren Evolution zur Partei der Bestverdienenden, die sich in
asozialer Mentalität und Kleben an politischen Mandaten von
der FDP nicht übertreffen lassen will. Als Gremliza 1995 von
der taz gefragt wurde, was er von der Forderung der Grünen
halte, aus der NATO auszutreten, antwortete er, daß vor den
Grünen die USA die NATO verlassen. Analoges gilt für die
Zeitung. Oder wie es deren stellvertretender Chefredakteur Peter
Unfried im Branchendienst kressreport ausdrückte: »Wir
sind Teil einer bürgerlichen Gesellschaft, sind eine
bürgerliche Zeitung. Aber das wissen nicht alle.« Er
hätte hinzufügen können: Vor allem die meisten
bundesdeutschen Journalisten wissen das nicht, die eine
taz-Erwähnung mit dem Attribut »alternativ« oder
gar »links-alternativ« versehen. Die Bild-Zeitung
zitierte Unfried in ihrem Glückwunschartikel am Donnerstag mit
den Worten, die taz-Leser wollten »wissen, wie man
verantwortungsvoll konsumiert«. Das Selbstverständnis
des landläufigen bundesdeutschen Journalismus ist damit
immerhin sehr genau definiert: Ein redaktionelles Umfeld für
Werbeträger liefern. Am Freitag erschien die tageszeitung mit
der Schlagzeile: »Einweg, Mehrweg, alles
Flaschen?«
Die ARD-Tagesthemen gratulierten der taz am Donnerstag als
»der kleinsten überregionalen Tageszeitung«. Das
war, wie ein jW-Leser und Journalist aus Hamburg schrieb, zwar eine
»PR-Schmiere«, aber bloß falsch, weil –
leider noch – die junge Welt am kleinsten ist. Die taz
greift, wenn sie jW mal erwähnt, zu so etwas wie
»Obdachlosenzeitung«. Oder man denkt, gemeinsam mit dem
Neuen Deutschland, über Kooperationen oder gar Fusionen
»linker« Medien nach. Darunter versteht man sich selbst
und junge Welt. Warum das kein Weg ist, erläuterte Wiglaf
Droste am Freitag im Gespräch mit
www.sueddeutsche.de:
»Es ist das Geschäft des Marketings, jeden Niedergang
als Fortschritt zu verkaufen. Die taz investiert in Werbung statt
in Talent und Können. So produziert sie einerseits
marktkompatiblen Medienbetriebsnachwuchs. (...) Andererseits
schafft die taz durch diese Fluktuation einen Gnadenhof für
all die Zurückbleibenden, die trotz aller Bewerbungsschreiben
kein anderer haben will. So entsteht ein notorisch pestlauniges
Arbeitsklima, in dem Heuchelei, Intriganz, Schlampigkeit und
Desinteresse an der Sache gedeihen. Das strahlt die Zeitung auch
aus: Lustlose Hausmeister sehen dich an.«