Leserbrief zum Artikel Unwahrscheinliche Szenarien
vom 31.08.2016:
Linke braucht realistische Perspektive
Kritik äußern, und auch scharfe, ist gut und richtig. Aber solche? »Unwahrscheinliche Szenarien«, liebe Freunde, sind in erster Linie Revolutionen, ohne dass es vorher zu extremer Verarmung und Verelendung der Volksmassen, zu äußerster Zuspitzung der Verhältnisse im Ergebnis von Kriegen (speziell verlorenen) und last but not least zur Bewaffnung des Volkes bzw. dem Zugang zu Waffen für die Revolutionäre kam. Das war 1871 in Paris so, 1917 in Russland, 1918 in Bulgarien, Österreich und Ungarn sowie in Deutschland, 1937–49 in China. (Aber 1918–19 eben nicht im »Siegerland« des Ersten Weltkrieges Italien!) »Aux armes ...«, »A las armas ...«, »Nehmt die Gewehre zur Hand ...« – aber wie? Wie ist das heute denkbar? Heute – und noch dazu in Deutschland?
Die Antwort ist klar. Also »Warten auf Godot«? Somit heißt es Revolutionär sein in nichtrevolutionären Zeiten – und weniger von Revolutionen zu sprechen und zu schreiben, als grundlegende Veränderungen dennoch vorzubereiten. Es gibt gar keine andere realistische Wahl.
Der CDU/CSU das Staatsruder »friedlich« aus der Hand zu nehmen ist seit der letzten Bundestagswahl möglich gewesen und bleibt es bis zum Herbst 2017; denn 320 von 630 Bundestagsabgeodneten bezeichnen sich und ihre Parteien als »links«. Aber sie konnten und können nicht zusammenkommen, offenbar nicht einmal für den sehr begrenzten Zweck der Vorbereitung auf die Bundestagswahl. Zu diesem (begrenzten!) Zweck wäre jetzt eine rosarot-karminrot-grüne Koalition sehr wichtig, da gibt es m. E. »ein Fenster der Chancen«; denn sie könnte mit schnell wirksamen, wenn auch begrenzten Maßnahmen zugunsten der Arbeiter und Angestellten sowie der Rentner (der Masse der Bevölkerung!) v. a. den Wiedereinzug der FDP und den Neueinzug der AfD in das Parlament ver- oder doch behindern. (Und dabei auch den lächerlichen »Mutter-Merkel-Kult« vom Tisch fegen.) (...)
Es kommt m.E. darauf an, dass Die Linke diese Abkehr – sozusagen den Kurs »weg von/mit Merkel, Schäuble, Seehofer« – mitgestaltet und nicht passiv »mitlatscht« in einer de facto »Pro Merkel«- und »Alle gegen rechts«-Front »gegen Rassismus«. Der Vorwurf, dass sie doch »noch keine Revolution einleitet«, ist in diesem Zusammenhang m. E. echt weltfremd. Revolutionen werden nun mal nicht gemacht, und wenn bzw. wo sie entstehen, kann man sie siegreich führen oder »bei Höchststrafmaß« verlieren (wie SPD, USPD, KPD 1918/19 bis 1932/33). Wenn sie nicht entstehen, muss man, soweit das geht, den geordneten Rückzug antreten, so etwa wie die Portugiesische KP nach 1974. Die bestimmt heute das Schicksal des Landes mit, ohne in der Regierung zu sein, kritisch zu ihr, aber auch ohne ultra-»prinzipiell-revolutionäre« Kritik an den regierenden Sozialisten, die ihre Duldung brauchen. Ist das (k)ein Vorbild für Deutschland? Auch wenn dabei der Kapitalismus nicht »revolutionär überwunden wird«?
Die Antwort ist klar. Also »Warten auf Godot«? Somit heißt es Revolutionär sein in nichtrevolutionären Zeiten – und weniger von Revolutionen zu sprechen und zu schreiben, als grundlegende Veränderungen dennoch vorzubereiten. Es gibt gar keine andere realistische Wahl.
Der CDU/CSU das Staatsruder »friedlich« aus der Hand zu nehmen ist seit der letzten Bundestagswahl möglich gewesen und bleibt es bis zum Herbst 2017; denn 320 von 630 Bundestagsabgeodneten bezeichnen sich und ihre Parteien als »links«. Aber sie konnten und können nicht zusammenkommen, offenbar nicht einmal für den sehr begrenzten Zweck der Vorbereitung auf die Bundestagswahl. Zu diesem (begrenzten!) Zweck wäre jetzt eine rosarot-karminrot-grüne Koalition sehr wichtig, da gibt es m. E. »ein Fenster der Chancen«; denn sie könnte mit schnell wirksamen, wenn auch begrenzten Maßnahmen zugunsten der Arbeiter und Angestellten sowie der Rentner (der Masse der Bevölkerung!) v. a. den Wiedereinzug der FDP und den Neueinzug der AfD in das Parlament ver- oder doch behindern. (Und dabei auch den lächerlichen »Mutter-Merkel-Kult« vom Tisch fegen.) (...)
Es kommt m.E. darauf an, dass Die Linke diese Abkehr – sozusagen den Kurs »weg von/mit Merkel, Schäuble, Seehofer« – mitgestaltet und nicht passiv »mitlatscht« in einer de facto »Pro Merkel«- und »Alle gegen rechts«-Front »gegen Rassismus«. Der Vorwurf, dass sie doch »noch keine Revolution einleitet«, ist in diesem Zusammenhang m. E. echt weltfremd. Revolutionen werden nun mal nicht gemacht, und wenn bzw. wo sie entstehen, kann man sie siegreich führen oder »bei Höchststrafmaß« verlieren (wie SPD, USPD, KPD 1918/19 bis 1932/33). Wenn sie nicht entstehen, muss man, soweit das geht, den geordneten Rückzug antreten, so etwa wie die Portugiesische KP nach 1974. Die bestimmt heute das Schicksal des Landes mit, ohne in der Regierung zu sein, kritisch zu ihr, aber auch ohne ultra-»prinzipiell-revolutionäre« Kritik an den regierenden Sozialisten, die ihre Duldung brauchen. Ist das (k)ein Vorbild für Deutschland? Auch wenn dabei der Kapitalismus nicht »revolutionär überwunden wird«?
Veröffentlicht in der jungen Welt am 01.09.2016.