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Aus: Erster Mai, Beilage der jW vom 27.04.2024
1. Mai

Rein in die Wohnviertel

»Revolutionäre 1.-Mai-Demo« in Hamburg will die Lohnabhängigen erreichen und politisch Orientierung geben
Von Halil Simsek
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Mehr als zehn Kilometer langer Marsch: Die revolutionäre 1.-Mai-Demo in Hamburg (1.5.2022)

Die Verhältnisse in Deutschland schreien nach einer fundamentalen Veränderung. Die Krisen des kapitalistischen Herrschaftssystems nehmen seit geraumer Zeit immer mehr zu. Klima-, Energiekrise, Inflation und weltweite Kriegsschauplätze zeigen: Dieses System führt in den Abgrund. Während viele Menschen nach ehrlichen und hilfreichen Antworten suchen, verliert die radikale Linke weiter an Bedeutung.

Die Coronapandemie hat die sozialen Bindungen auch in der linken Subkultur aufgelöst. Man merkt, dass viele sich aus der politischen Arbeit herausgezogen haben. Der Rote Aufbau hat während der Pandemie versucht, kollektiv darauf zu reagieren, zum Beispiel Protestaktionen gegen die Ausgangssperren organisiert. Der Krieg in der Ukraine und die Massaker in Gaza haben die Dezimierung der linken Szene weiter vorangetrieben. Die vergangenen vier Jahre haben aufgezeigt, dass viele Aktivisten der »alternativen« Subkultur urlinke Positionen entweder längst über Bord geworfen oder nie vertreten haben – derzeit am deutlichsten zu sehen an der Frage von Krieg und Antimilitarismus. Ähnlich wie 1914 befindet sich das Land in einem Kriegstaumel. Und unter vermeintlich radikalen Linken nimmt man leider auch chauvinistische Positionen wahr. Aber viele merken, dass in den Medien vor allem Positionen des deutschen Imperialismus wiedergegeben werden und diese ihrem eigenen Interesse entgegenstehen. Das heißt, richtige Positionen zu vermitteln ist möglich.

Klassenperspektive

Der revolutionäre 1. Mai in Hamburg will helfen, die Menschen entlang der Widersprüche im Kapitalismus zu organisieren. Verschiedene Blöcke auf der gemeinsamen Maidemonstration spiegeln betriebliche Kämpfe wider, repräsentieren feministische und antifaschistische Gruppen und bringen internationalistische und antimilitaristische Bewegungen zusammen. Das verbindende Element ist die Klassenperspektive und die Einsicht, dass wir die Verhältnisse nicht nur reformieren, sondern revolutionär überwinden müssen. Denn diesen unversöhnlichen Ansatz gilt es zu schärfen und eine Bewegung in Konfrontation mit dem Bestehenden aufzubauen.

Während sich einige in den eigenen Szenekiezen selbst bespaßen und andere eine Spaßaktion in reichen Stadtteilen machen, verläuft die »Revolutionäre 1.-Mai-Demo« durch die Stadtteile, in denen unsere Klasse wohnt. Denn die Arbeiter wollen und müssen wir erreichen und für unsere Politik gewinnen. Weder wollen wir den Staat zum Handeln bitten noch bei den Reichen um Almosen betteln. Um grundlegende Veränderungen in dieser Gesellschaft zu erreichen, müssen wir zuallererst zu politischer Relevanz in unserer Klasse gelangen und diese in einem unversöhnlichen Verhältnis zum Bestehenden organisieren.

Kämpfe politisieren

Deswegen werden wir auch in diesem Jahr wieder einen klassenkämpferischen Block auf der Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbunds organisieren. Unsere Themenschwerpunkte werden dort Arbeitszeitverkürzung und der politische Streik sein. Arbeitszeitverkürzung wird zwar wieder als gesellschaftliches Thema diskutiert, gleichzeitig aber auch die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf bis zu 72 Jahre. So folgt auf jeden kleinen Sieg irgendwann auch das Rollback. Nach mehr als 100 Jahren Achtstundentag steht auch dieser wieder zu Disposition. Ein politischer Streik könnte diese kurzfristigen Kämpfe verbinden und den vermeintlich ökonomischen zu einem politischen Klassenkampf werden lassen.

Leider steht es schlecht um unsere Gewerkschaften. Die Führungen setzen, weil zum großen Teil selbst Mitglied, nach wie vor Hoffnung in die Sozialdemokratie. Im Alltag führt das immer wieder dazu, dass sie unsere Klasseninteressen verraten – wie etwa in der aktuellen Kriegsfrage. In Hamburg werden die SPD und wahrscheinlich auch der Bürgermeister bei der DGB-Demonstration am 1. Mai mitlaufen. Besonders perfide ist die Teilnahme von Polizisten – wenn auch als Gewerkschaftsmitglieder –, die vergangenes Jahr streikende Hafenarbeiter angegriffen haben und überhaupt immer zur Stelle sind, wenn es darum geht, die Kapitalinteressen gegen die der Lohnabhängigen durchzusetzen – sei es bei Zwangsräumungen oder bei Streiks. Nichtsdestotrotz: Auch unorganisierte Menschen beteiligen sich an der DGB-Demo, und die wollen wir erreichen und ihnen mit klaren Positionen beweisen, dass wir ihre Interessen am weitesten vertreten.

So darf es nicht bleiben

Hamburg ist eine reiche Stadt, aber davon profitieren die Lohnabhängigen nicht. Anfang 2023 waren mehr als 32.000 wohnungslose Menschen in städtischen Unterkünften untergebracht, 70 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Während wir uns die Miete nicht mehr leisten können, hat sich der Reichtum der Pfeffersäcke weiter vermehrt. Gleichzeitig ist es wichtig, nicht nur auf die eigene Stadt zu schauen. Überall entstehen revolutionäre Strukturen. Die bundesweite Vernetzung »Perspektive Kommunismus« versucht seit Jahren, diese Kämpfe zu verbinden. Der Rote Aufbau Hamburg unterstützt dieses Jahr die Kieler Demonstration »Es reicht – Wir zahlen nicht für Krisen und Kriege!« am Vorabend des 1. Mai.

Heraus zum revolutionären 1. Mai! Denn so, wie es ist, darf es nicht bleiben.

Halil Simsek ist aktiv beim Roten Aufbau und dem 1.-Mai-Bündnis. Er meldet die »Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration« seit zehn Jahren in Hamburg an.

Weitere Infos unter:
www.revomai.de

www.perspektive-kommunismus.org

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