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Aus: Ausgabe vom 12.04.2024, Seite 1 / Ausland
EU-Asylsystem

EU schafft Asylrecht ab

Brüsseler Parlament für mehr Abschottung gegen Geflüchtete, Haft für Kinder eingeschlossen
Von Arnold Schölzel
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Migranten vor Gran Canaria: Nach den neuen EU-Asylregelungen geht es demnächst direkt in den Knast (4.4.2024)

Das EU-Parlament billigte am Mittwoch abend in Brüssel mit zum Teil knappen Mehrheiten zehn Rechtsakte, die als »Gemeinsames Europäisches Asylsystem« (GEAS) faktisch das Recht auf Asyl in der EU beseitigen. Kern der Bestimmungen sind: Alle Nicht-EU-Bürger ohne Einreisepapiere werden an den EU-Grenzen registriert. Personen mit geringer Anerkennungswahrscheinlichkeit unterliegen einem Schnellverfahren in Haft – auch Kinder. Dafür werden zunächst 30.000 Plätze geschaffen, in vier Jahren 120.000. Ablehnung von Asylanträgen und Abschiebung in sogenannte sichere Drittstaaten sowie die Aufteilung von Asylbewerbern unter die EU-Staaten werden neu geregelt.

Für das GEAS stimmten Christdemokraten (EVP), Sozialdemokraten und Liberale, die zusammen über 420 der 705 Sitze verfügen. Einzelne Delegationen wie die der polnischen Regierungspartei PO (EVP) und Abgeordnete stimmten dagegen, nahezu geschlossen auch Grüne, Linke und extrem Rechte. Die faschistischen »Brüder Italiens« (sechs Abgeordnete) unterstützten jedoch den besonders schwammig formulierten Krisenakt, der mit 29 Stimmen Mehrheit angenommen wurde. Als »Krisen« gelten hohe Einreisezahlen, »höhere Gewalt« wie eine Pandemie oder eine angebliche Instrumentalisierung von Migranten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte GEAS auf X einen »historischen, unverzichtbaren Schritt«. Die Verordnungen begrenzten die irreguläre Migration. Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) schrieb auf X: »Europa bekommt verbindliche Regeln mit Humanität und Ordnung.« Das sei »auch eine gute Nachricht für Kommunen in Deutschland«.

Die Mitgliedstaaten sollen den Pakt Ende April billigen und haben danach zwei Jahre Zeit, Internierungszentren an der EU-Außengrenze zu errichten. Hilfsorganisationen kritisierten GEAS scharf. So erklärte Felix Braunsdorf von »Ärzte ohne Grenzen«, es werde ein »ein System der Abschottung, Abschreckung und Auslagerung etabliert.« Es werde Menschen dazu zwingen, immer gefährlichere Routen zu wählen.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (12. April 2024 um 10:49 Uhr)
    Die Behauptung der jW, dass die EU das Asylrecht abschafft, ist nicht korrekt. Tatsächlich hat das EU-Parlament für schärfere Asylgesetze gestimmt. Die noch ausstehende Zustimmung des EU-Rats gilt als wahrscheinlich. In den Kommentarspalten sämtlicher Medien überwiegt trotzdem die Kritik gegenüber den Meinungen der EU-Bevölkerungen. Es ist zwar üblich, dass europäische Staaten die Kontrolle über ihre Grenzen ausüben, jedoch zielt dieses Vorhaben darauf ab, die langjährige Aufnahmetradition zu brechen, für die viele sogenannte »scheinheilige Demokratien« des Kontinents standen und Billigarbeitskräfte suchten. Im Wesentlichen verschärft dieses neue Gesetz die Aufnahmebedingungen, um die irreguläre Einreise von Menschen auf den Kontinent einzudämmen. Das geplante Asylpaket stellt in dieser Hinsicht zwar einen theoretischen Erfolg dar, muss jedoch in der Praxis noch bewährt werden.

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